Handy, iPad, Laptop und PC. Vier Geräte mit unterschiedlichen Eigenschaften, die eines gemeinsam haben. Sie werden in verschiedenen Situationen genutzt, um Websites im Internet aufzurufen. Während früher der Weg ins Internet ausschließlich über PC oder Laptop erfolgte, sind im Laufe der Zeit neue Geräteklassen mit neuen Anforderungen hinsichtlich Bildschirmgröße, Rechenleistung und Eingabemethode dazugekommen.
Multipliziert man die Gerätevielfalt mit den unterschiedlichen Browsern die darauf Verwendung finden, so wird schnell klar, dass man entweder sehr viele verschiedene Versionen einer Website erstellen, oder einen kleinsten gemeinsamen Nenner finden muss, der auf allen Geräten unterstützt wird und ein zufriedenstellendes Surf-Erlebnis garantiert.
Warum Standards?
Wenn es eine neue technologische Herausforderung gibt, findet sich üblicherweise ein Pionier der eine Lösung entwickelt, die von anderen Firmen übernommen wird. Wieder andere Firmen tun gerade das aber nicht, sondern entwickeln eine eigene, mit anderen Stärken und Schwächen ausgestattete, inkompatible Lösung dazu. Das Resultat ist zwar ein rascher technologischer Fortschritt, der aber eine Menge frustrierter Benutzer hinterlässt, die sich mit Problemen und Unzulänglichkeiten untereinander nicht verträglicher Technologien herumschlagen müssen.
Das Internet war lange Zeit ein Paradebeispiel für diese Art der Entwicklung. Das Wettrüsten der Browserhersteller wurde viele Jahre auf dem Rücken der Endanwender und Webdesigner ausgetragen. Endanwender mussten für verschiedene Websites verschiedene Browser verwenden um ein (optimales) Ergebnis zu erzielen, und Webdesigner standen unter dem permanenten Druck, der wachsenden Zahl an Browserherstellern, Browsern, Browserversionen und Browsererweiterungen Herr zu werden.
Ein probates Mittel um solche Probleme in den Griff zu bekommen sind unabhängige Standards. Damit Standards aber etwas bewirken, brauchen sie breite Unterstützung. Und breite Unterstützung gibt es nur, wenn jeder der Unterstützer auch das Gefühl hat, seine Vorstellungen in den Standard einbringen zu können. Das wiederum führt zu vielen Diskussionen und mühsam zu erarbeitenden Kompromissen, was schlussendlich dazu führt, dass Standards sehr lange Zeit brauchen, um verabschiedet zu werden.
Trotzdem überwiegen meist die Vorteile von Standards gegenüber unkontrolliertem technischen Wildwuchs.
Die Rettung: HTML 5
Der standardisierte Hoffnungsschimmer am Horizont leidgeprüfter Internetbenutzer lautet HTML 5. HTML 5 ist ein wesentlicher Teil der Spezifikation dessen, wie Websites in Zukunft programmiert werden sollen. Was aus HTML 5 schlussendlich sogar mehr als nur einen Hoffnungsschimmer macht ist die Tatsache, dass sich sämtliche Big Player im Internet (Google, Apple, Microsoft, Mozilla Foundation und Opera) uneingeschränkt zu HTML 5 bekannt haben und den Standard aktiv unterstützen wollen.
Was sich bis hierhin gut liest, hat freilich noch einen Haken: HTML 5 ist nämlich kein fertiger, verabschiedeter Standard. Trotzdem ist die Spezifikation offensichtlich weit genug gediehen, um alle großen Browserhersteller dazu zu veranlassen, mehr und mehr Teile des HTML 5 Entwurfs in ihren Produkten zu implementieren.
Auch wenn die derzeitige Situation aufgrund der unvollständigen HTML 5 Spezifikation also nicht perfekt ist, so gibt es doch erstmals in der Geschichte des Internet die Aussicht auf einen auf breiter Basis unterstützten und vor allem voll implementierten Standard. Aber auch bereits heute implementieren die neuesten Browserversionen der großen Hersteller weite Teile des HTML 5 Entwurfs. Das HTML 5-Zeitalter hat also schon begonnen.
Als Internetbenutzer kann man die Entwicklung übrigens beschleunigen, indem man stets die aktuellste Version des jeweiligen Lieblingsbrowsers verwendet.
Die folgende Liste gibt einen Überblick zum aktuellen Versionsstand:
- Internet Explorer 8
(unbedingt auf Version 9 umsteigen sobald sie Anfang 2011 erscheint) - Firefox 3.6
(auch hier unbedingt auf Version 4 umsteigen die ebenfalls Anfang 2011 erscheinen sollte) - Chrome 7
- Safari 5
- Opera 10
Was kann HTML 5?
Mancher mag sich nun fragen, ob plattformübergreifende Kompatibilität der einzige Grund ist, warum es HTML 5 gibt.
Mitnichten! Schon vor vielen Jahren wurden die Unzulänglichkeiten von HTML im Bereich von Multimedia erkannt. Eine Firma namens Macromedia hat deshalb einen Zusatz, ein sogenanntes Plugin, für die gängigsten Browser entwickelt, das fehlende Multimediafähigkeiten nachrüstet. Das Plugin ist heute (nach der Übernahme durch Adobe) als Adobe Flash bekannt.
Da Flash jedoch von einem einzigen Hersteller und nicht von einem Standardisierungsgremium kontrolliert wird, wurde schon lange nach einem Ersatz gesucht. Die naheliegendste Lösung war natürlich, die Fähigkeiten, die HTML gegenüber Flash vermissen lässt, kurzerhand in die Spezifikation des neuen HTML-Standards mit aufzunehmen. Und so ist es dann auch geschehen. HTML 5 verspricht somit die Wiedergabe von Multimediainhalten (Videos, Animationen, interaktive Grafiken, etc.) ohne eine zusätzliche Browsererweiterung.
Eine weitere Unzulänglichkeit, die HMTL 5 auszumerzen versucht, ist der leidige Umstand, dass Websites eine - wer hätte es gedacht - permanente Internetverbindung benötigen. Nachdem das Internet aber auf immer mehr mobilen Endgeräten zu finden ist, diese aber nicht notwendigerweise ständig mit dem Internet verbunden sind (z.B. durch Funklöcher), umfasst HTML 5 eine Erweiterung, um Daten auch lokal am Gerät speichern und ggf. erst zu einem späteren Zeitpunkt (bei wiederhergesteller Verbindung) wieder an den Server schicken zu können.
Eine ganze Reihe weiterer Features innerhalb HTML 5 sowie verwandter Standards wird im übrigen dazu führen, dass Websites in Zukunft besser aussehen, leichter bedienbar sind und optimal auf unterschiedlichen Geräten angezeigt werden können.
Haben Flash und Silverlight ausgedient?
Wenn HTML 5 in Zukuft Funktionen bietet, die bisher nur von Rich Internet Application Erweiterungen wie Flash oder Silverlight möglich waren, was geschieht dann mit diesen Technologien?
Auch wenn Verfechter von HTML 5 schon den Tod von Flash und Silverlight vorhersagen, gibt es doch genügend Raum für Innovationen, die von HTML 5 auch in der finalen Version der Spezifikation nicht abgedeckt werden. Dazu zählen:
- Applikationen die auf Peripheriegeräte des Computers Zugriff haben müssen
- High-End Multimediaproduktionen (wie z.B. die Übertragung der letzten beiden Olympiaden mit Silverlight, sh. http://learn.iis.net/page.aspx/812/behind-the-scenes-with-silverlight-and-iisat-the-2010-winter-games-in-vancouver/)
- Applikationen mit hohenAnforderungen an Performance
Ebenso haben diese proprietären Ansätze - wie oben schon erwähnt - den Vorteil, dass sie nicht durch Kompromisse und Mehrheitsentscheidungen „ausgebremst“ werden. Nicht zuletzt deshalb haben RIATechnologien bestimmte Bereiche des HTML 5 Standards inspiriert.
Innovationen von heute sind die Standards von morgen
Zusammenfassend kann man sagen, dass HTML 5 - sofern weiterhin konsequent von der Industrie unterstützt und baldmöglichst als Standard verabschiedet - ein großer Segen für Konsumenten und Produzenten im Internet sein wird. Parallel dazu werden Technologien wie Flash und Silverlight die Grenzen dessen was im Internet möglich ist weiter nach oben verschieben und damit „Futter“ für weitere, nach HTML 5 kommende Standards liefern.
Martin Ennemoser